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Nach der Diskussion um Barverwarnungen gegen Menschen ohne Obdach macht das Ordnungsdezernat erneut Schlagzeilen: Der FÃ
Dokumentart: Vorlage
Vorlage: F  1050  
Datum: 22.02.2018 (letzte Aktualisierung des Sachstandes: 28.03.2018) 

Vorlage F 1050 2018

 

S A C H S T A N D :

Frage vom 22.02.2018, F 1050



Nach der Diskussion um Barverwarnungen gegen Menschen ohne Obdach macht das Ordnungsdezernat erneut Schlagzeilen: Der Förderverein Roma informierte, dass ihm ein Pass einer Romni aus Rumänien vorliege, "... in den ein Mitarbeiter des Ordnungsamts Frankfurt den Vermerk ‚Beim aggressiven Betteln angetroffen' mit Datum und Unterschrift gestempelt hat." Scheinbar verfolgt die Stadt Frankfurt die Strategie, Armut systematisch aus dem Stadtbild zu verdrängen. Das Abstempeln des Passes zeigt zudem strukturellen Rassismus innerhalb der Behörde auf.

 

Ich frage den Magistrat:

 

Auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage wurde der Vermerk in den Pass geschrieben, und was will der Magistrat gegen strukturellen Rassismus bei Frankfurter Behörden tun?

 

Antwort des Magistrats:

 

Stadtrat Markus Frank:

 

Herr Vorsteher,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

sehr geehrte Frau Dalhoff!

 

Ich muss erst einmal den Vorwurf zurückweisen, es gäbe bei uns in der Stadtpolizei oder der Stadtverwaltung strukturellen Rassismus. Das ist nicht der Fall.

 

Ich möchte hier einmal ganz deutlich machen, dass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtpolizei einen schwierigen, aber sehr wertvollen Dienst verrichten. Mir tut es ein bisschen leid für diese Mitarbeiter, die sich sehr engagiert um Menschen kümmern und sich auch sozial engagieren. Sie haben es alle gehört, am 30.01. gab es einen Vorfall, als drei Stadtpolizisten am Karlsplatz drei Drogenabhängigen das Leben gerettet haben. Das ist nur eines von vielen Beispielen, wie unsere Stadtpolizisten einschreiten. Der Dienst ist schwierig, deshalb haben sie auch die Solidarität der Stadtverordneten verdient, und deshalb ist es für mich immer schwierig - auch schwierig zu ertragen -, wenn die Arbeit der Stadtpolizei mit Wörtern wie "Blockwartmentalität" und anderen begleitet wird. Das passt nicht zu unserer Stadtpolizei.

 

Den Vorwurf mit den Barverwarnungen haben wir im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit schon widerlegt. Ich hatte dort vorgetragen, dass wir in der Innenstadt insgesamt 2.500 Kontrollmaßnahmen durchgeführt haben. Es kam zu insgesamt sieben Barverwarnungen. Im Ausschuss haben wir erläutert, dass die Barverwarnung das ordnungsrechtlich mildeste Mittel ist. Eine Barverwarnung wird auch nur durchgeführt, wenn der zu Verwarnende damit einverstanden ist. Insofern wundere ich mich, dass Sie das jetzt schon wieder aufführen. Aber gut. Ich habe eben die Gelegenheit gehabt, es noch einmal zu entkräften. Das ist wichtig. Unsere Stadtpolizisten sind außerordentlich engagiert, aber - und das will ich ausdrücklich sagen - wo Licht ist, ist auch manchmal Schatten.

 

Sie haben die Passeinträge angefragt. Dazu muss ich sagen - und das habe ich auch schon getan -, dass hier ein Mitarbeiter in zwei Fällen an einem Tag in kurzer Reihenfolge Menschen beim aggressiven Betteln erwischt und eine Verwaltungsvorschrift völlig falsch ausgelegt hat. Das habe ich auch so gesagt. Wir haben daraufhin auch mit allen Mitarbeitern der Stadtpolizei Gespräche geführt, damit das nicht mehr vorkommt. Eines ist auch klar: Diese Passeinträge sind nicht Bestandteil des Tätigkeitsfeldes der Stadtpolizei. Aber insgesamt muss ich sagen, dass es engagierte Mitarbeiter sind. Ich stehe hinter den Stadtpolizisten. Natürlich gibt es immer wieder Fälle, bei denen etwas schief läuft, und dann bin ich dankbar für einen Hinweis. Deshalb kann man aber nicht davon sprechen, dass es bei der Stadtpolizei strukturellen Rassismus gibt. Das muss ich ganz scharf zurückweisen, das ist nicht der Fall. Unsere Stadtpolizisten leisten insgesamt eine gute Arbeit. Da, wo es einmal schlecht läuft, greifen wir es auf, sprechen es an und sorgen dafür, dass es nicht mehr vorkommt.

 

Vielen herzlichen Dank!

 

                              (Beifall)

 

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

 

Die erste Zusatzfrage kommt von Herrn Reschke von der AfD. Bitte!

 

Stadtverordneter Horst Reschke, AfD:

(Zusatzfrage)

 

Herr Dezernent, Sie sind um die eigentliche Frage herumgeschifft. Ich frage also ganz konkret: Lernen Ihre Stadtpolizisten in ihrer Ausbildung nicht, dass man ausländische Ausweispapiere nicht beschriften oder mit irgendwelchen Vermerken versehen darf?

 

Stadtrat Markus Frank:

(fortfahrend)

 

Herr Reschke, das habe ich Ihnen doch eben erläutert. Abgesehen davon müssten Sie das Aufenthaltsgesetz und das Ausländergesetz noch einmal nachlesen. Ich glaube, Ihre Zeit, als Sie auf der Straße für Sicherheit und Ordnung gesorgt haben, liegt schon ein bisschen zurück. Updates sind immer gut, wobei mir der Kollege Siegler einmal berichtet hatte, dass Sie ein ganz anderes Tätigkeitsfeld hatten, aber das ist nicht der Grund, warum wir uns hier unterhalten.

 

Ich habe gesagt, ein Mitarbeiter der Stadtpolizei hat einen Fehler gemacht. Selbstverständlich sind unsere Leute gut ausgebildet, aber es kommt eben auch vor, dass einer einmal Mist baut. Das führt dazu, lieber Herr Reschke, dass es Gespräche gibt und es nachgearbeitet wird. Mir ist wichtig zu sagen, dass dieser Angriff "struktureller Rassismus" gegen die Stadtpolizei einfach nicht stimmt. Wir geben uns sehr viel Mühe, wir arbeiten mit dem AmkA zusammen und sorgen dafür, dass sie gut ausgebildet sind und auf die verschiedenen Nationalitäten gut eingehen können. Das sind alles Maßnahmen, bei denen insbesondere solche Fähigkeiten geschult werden, wenn es darum geht, auch auf internationale Menschen zuzugehen und gut zu bestehen.

 

Insofern noch einmal: Es hat jemand einen Fehler gemacht, und wir haben es aufgearbeitet. Selbstverständlich lernen sie die maßgeblichen Gesetze und Regelungen, aber dass es überhaupt keine Passeinträge geben darf, Herr Reschke, ist falsch. Da müssen Sie nochmal schauen, ich glaube im § 79 oder § 54 des Aufenthaltsgesetzes können Sie es nachlesen.

 

                              (Zurufe)

 

Gerne.

 

                              (Beifall)

 

 

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1050

 

 

Stadtverordnete Pearl Hahn, LINKE.:

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren!

 

Nachdem die Barverwarnungen der Stadt Frankfurt zu einer bundesweiten Berichterstattung und Empörung geführt haben, sorgt das Ordnungsamt unter der Führung von Markus Frank und der CDU erneut für empörende Schlagzeilen. Die Frankfurter Bevölkerung fragt sich zum Beispiel, weswegen die Stadtregierung in einer reichen Stadt wie Frankfurt mit einem Haushalt, den sich die meisten Kommunen gar nicht erträumen können, keine bessere Lösung für Obdachlose bieten kann, als die menschenunwürdige Unterbringung in der B-Ebene. Die Stadtregierung hat zugelassen, dass die Zahlen von Menschen ohne Obdach und festen Wohnsitz steigen. Es ist zu erkennen, dass es sich hier nicht um einen Einzelfall handelt, sondern um ein systematisches Fehlverhalten, eine systematische Ausgrenzung und Diskriminierung von Teilen dieser Gesellschaft. Der Abstand zwischen Arm und Reich wächst stetig.

 

Zu meiner Empörung hat der Stadtverordnete der CDU, Dr. Christoph Schmitt, in der letzten Sitzung des Ausschusses für Recht, Verwaltung und Sicherheit gesagt, dass niemand in dieser Stadt unter freiem Himmel schlafen muss. Auf Facebook hat er sogar Folgendes geschrieben: "Auf der Zeil muss niemand übernachten, da es mehr als genug Notunterkünfte in Frankfurt gibt." Was ist das für eine menschenverachtende Sichtweise? Sind Sinti und Roma etwa keine Menschen? Haben Sinti und Roma keinen Platz in dieser Stadt? Die Tatsachen zu verleugnen ist eine Verzerrung, Verdrehung und Verfälschung der Realität. Anstatt einen Stempel im Pass für aggressives Betteln zu setzen, sollte sich die Koalition fragen, weswegen es überhaupt zu aggressivem Betteln kommt. Fragen Sie sich doch, ob manche Menschen in dieser Stadt Schwierigkeiten haben, Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt zu finden. Erschwerte und verweigerte Zugänge sind nämlich die Definition von struktureller Diskriminierung. Da sollte sich Herr Frank ein bisschen besser informieren. Stellen Sie sich die richtigen Fragen, um einen Paradigmenwechsel vornehmen zu können. Bekämpfen Sie die Ursachen und nicht die Menschen, die durch institutionelle Ausgrenzung in die Perspektivlosigkeit getrieben worden sind. Seien Sie doch bitte bereit für einen Paradigmenwechsel. Erkennen Sie doch bitte, dass Sinti und Roma tatsächlich institutionelle Diskriminierung erfahren. Versuchen Sie diese Formen von Diskriminierung abzubauen, indem wir Zugänge erleichtern, und bekämpfen wir genau das, nämlich Armut und nicht die Armen.

 

                              (Beifall)

 

 

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

 

Vielen Dank, Frau Hahn! Die nächste Wortmeldung kommt von Herr Dr. Schmitt von der CDU-Fraktion. Bitte!

 

 

Stadtverordneter Dr. Christoph Schmitt, CDU:

 

Herr Vorsteher,

meine Damen und Herren!

 

Ich wollte mich eigentlich nicht dazu melden, weil Stadtrat Frank alles gesagt hat. Aber dann bin ich persönlich angesprochen worden und da muss ich natürlich auch erwidern. Frau Hahn, ich finde es nach wie vor unmöglich, was Sie hier machen. Sie machen es immer wieder. Für mich ist das ein Ausdruck einer gewissen Böswilligkeit, dass Sie immer wieder versuchen, der Stadtverwaltung Rassismus zu unterstellen, wider jedes besseren Wissens. Man konfrontiert Sie mit Fakten. Der Stadtrat hat Ihnen erklärt, wie es zu den Barverwarnungen kam und was der Hintergrund ist. Aber Sie wollen es einfach nicht einsehen. Sie wollen die Legende aufrechterhalten, die Stadt Frankfurt hätte eine strukturell rassistische Stadtverwaltung.

 

                              (Beifall)

 

Ich finde das ist in höchstem Maße boshaft, weil Sie damit die Arbeit von vielen Frauen und Männern diskreditieren, die sich jeden Tag für unsere Gesellschaft einsetzen, keine leichten Berufe haben, nicht besonders hoch bezahlt werden und trotzdem jeden Tag ihre Aufgaben erfüllen. Ich würde mich freuen, wenn Sie darüber noch einmal nachdenken und wir uns das nicht jedes Mal wieder von Neuem anhören müssen.

 

Vielen Dank!

 

                              (Beifall)

 

 

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

 

Vielen Dank, Herr Dr. Schmitt! Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Hahn. Bitte!

 

 

Stadtverordnete Pearl Hahn, LINKE.:

 

Herr Dr. Schmitt, ich werde diese Frage immer wieder ansprechen. Anscheinend haben wir institutionelle Diskriminierung und Rassismus nicht verstanden. Anscheinend ist das doch die Tatsache. Was ist institutionelle Diskriminierung? Spätestens seit der Ausbreitung von Imperialismus ist diese Tatsache universell und allgegenwärtig überall auf der Welt, und so sagt es die Wissenschaft. Das heißt, es gibt keine Institution auf der Welt, die befreit ist von Diskriminierung, von Sexismus, von Rassismus und alle weiteren Formen der Diskriminierung. Das ist Tatsache. Zu verleugnen, dass zum Beispiel Sexismus nur in manchen Teilen der Gesellschaft vorhanden ist und in anderen Teilen nicht oder dass Rassismus nur in manchen Teilen der Gesellschaft vorhanden ist und in anderen nicht, ist vollkommen falsch. Da müssen Sie sich nur ein bisschen besser informieren, was wir überhaupt meinen, wenn wir über institutionelle Diskriminierung sprechen. Jede Person, die meint, dass sie befreit ist von Rassismus oder Sexismus oder weiterer Form von Diskriminierung, ist eine Person, die einfach der Tatsache nicht in das Gesicht schauen mag. Weil keine einzige Person auf der Welt frei davon ist. Als Alliierte zu gelten, muss man doch erst einmal sagen, ja, ich habe Bilder vermittelt bekommen, die nicht ganz in Ordnung sind. Ja, ich habe sexistische Bilder vermittelt bekommen, die nicht vollkommen in Ordnung sind. Ja, ich habe rassistische Bilder vermittelt bekommen, die nicht vollkommen in Ordnung sind. Ich kann nichts dagegen tun, außer von jetzt an meine Handlungen zu ändern. Das ist genau das, was ich mir wünsche, dass wir endlich einmal verstehen, worum es geht. Es geht nicht darum, einzelne Personen als böse zu erklären, weil es eine institutionelle Problematik ist. Das heißt, es geht nicht darum, Individuen anzugreifen, sondern darum, tatsächlich das Problem zu beheben. Wir können es nicht beheben, indem wir sagen, die Polizei ist fern von rassistischen Strukturen, die Stadtverordnetenversammlung ist fern von rassistischen Strukturen. So ist es nämlich nicht.

 

                             (Beifall)

 



Antragstellende Person(en):
           Stadtv. Ayse Zora Marie Dalhoff

Vertraulichkeit: Nein